Monis Aufruf für eine menschenwürdige Drogenhilfepolitik

Vorgetragen als Eröffnungsrede zur 2. Selbsthilfetagung Vorarlberg am 18.11.2016 in Hohenems

Wir haben letztes Jahr diese Tagung ins Leben gerufen, da wir der Meinung sind, dass das Leben mit der Substitution für viele Leute wesentlich gesünder und unproblematischer sein könnte! Psychisch und physisch!

Ja, wir sind bei Gott glücklich darüber, dass die Gesellschaft uns jetzt als Suchtkranke betitelt und nicht mehr als Junkies!

So sollte es zumindest sein! Ist es aber leider nicht immer!

Viele, die vor Jahren ins Substitutionsprogramm gegangen sind, waren sehr euphorisch und sahen plötzlich wieder Licht am Ende ihres Lebenstunnels! Ich will gar nicht bestreiten, dass es einige wenige Menschen gibt, die noch immer zufrieden und froh sind aus der Illegalität, weg von der Straße, hinein in ein normales, geregeltes Leben gekommen zu sein. Dennoch gibt es aber auch diese eine andere Seite! Glauben Sie mir, ich habe mit vielen Substitutionspatienten gesprochen, die nach einigen Monaten, Jahren, wie lange auch immer, ein böses Erwachen erlebten. Ihnen wurde bewusst, dass sie in eine Spirale geraten sind, aus der sie nicht mehr rauskommen. Eine Spirale, in die sie nie kommen wollten. Für diese Patienten spreche und kämpfe ich, solange ich noch kann, da auch ich in dieser Spirale gefangen bin.

Ist die morphingestützte Substitution nur zur Aufhebung der Entzugssymptome gedacht?

Sucht ist weitaus mehr!

Suchtkranke Menschen sind fast alle sehr sensible, gerechtigkeitsliebende Leute, die ihre Umwelt mit all ihren Gesetzen und Verboten nicht ohne Depressionen usw. aushalten. Es ist traurig zu sehen, wie viele Personen, deren großes Potential brach liegt, vor sich hin vegetieren. Dabei könnten sie bei ausreichender Dosierung und dem richtigen Medikament sehr viel zur Gesellschaft beitragen. Versprochen wurde uns eine Behandlung auf Augenhöhe und ein Mitspracherecht! Wer ist der Experte beim Thema Sucht? Ein Arzt, der sich sein Wissen angelesen hat oder ein Mensch, der tagtäglich die Sucht lebt?! Nach Jahren, Jahrzehnten auf der gleichen Dosis oder gar dem falschen Medikament, sind wir mit unserer Kraft bald am Ende. Ich habe im Gespräch mit Substitutionspatienten immer dieselbe Kernaussage: Ich bin unterdosiert, aber mein Arzt gibt mir nicht mehr! Ich bin schon eingeschüchtert durch all diese Kontrollen und Regeln. Die in Jahren erarbeiteten, nennen wir sie „Prioritäten“ wie eine Samstagsmitgabe und das sogenannte Vertrauen vom Arzt mir als Patient gegenüber, fürchte ich zu verlieren, wenn ich offen und ehrlich über meine Probleme und Missstände rede! Ich habe meinem Arzt doch gesagt, dass ich nach jahrelanger, gleichbleibender Dosierung merke, dass ich unterdosiert bin. Dass ich jeden Tag für mehrere Stunden auf Entzug bin. Was für eine Antwort habe ich bekommen? Ich wurde „runtergedeckelt“, und zwar so, dass ich mich gar nicht mehr traue was zu sagen. Nur weiterleben kann ich so auch nicht wirklich!

Sätze wie: „Dann sind Sie in einem Jahr auf 2.000 mg“ oder: „Bei Mittel letzter Wahl gibt es keine Dosiserhöhung“, „Ich werde den Schwarzmarkt nicht unterstützten“ und so weiter lassen mich verwirrt und enttäuscht bis wütend zurück! Soviel zu: AUF AUGENHÖHE!

Bin ich nur ein charackterschwacher, verweichlichter und süchtiger Bittsteller? Muss ich echt froh sein, dieses Spiel mitspielen zu dürfen?

Ich hoffe Sie denken mal darüber nach, wie es sein muss, jeden Tag Schmerzen zu haben. Zu wissen, dass es nicht sein müsste! Ich könnte Ihnen noch seitenweise Beispiele nennen, aber ich hoffe, dass Sie auch so erkennen, dass was geändert werden muss!

Auch ich leide jeden Tag an Unterdosiertheit und stoße auf null Verständnis! Leider! Ich für meinen Teil habe alles erfüllt, was von mir verlangt wurde. Hoffentlich wird auch mein Bedürfnis auf Schmerzfreiheit gestillt!

Danke für Ihr Interesse!

Ich kann Ihnen nur versprechen, dass ich weiterkämpfen werde – denn viele können es leider nicht mehr!

 

Aufruf fuer eine menschwuerdige Drohenhilfepolitik

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